Krieg + ein Erdbeben der Stärke 7.9 – Akram (12) ist ein Überlebender

Als der 12-jährige Akram seine Schwester bei einem Raketenangriff im Nordwesten Syriens verlor, dachte er, er würde nie wieder so etwas Schlimmes erleben. "Aber was bei dem Erdbeben passiert ist und alles seitdem, ist viel schwieriger", sagt er. Das ist seine Geschichte.
Akaram is a Syrian child who survived the earthquake

Unter den Trümmern gefangen

Akram schlief in seinem Zuhause im Nordwesten Syriens, als die ersten Erschütterungen des Erdbebens einsetzten. "Zuerst war es nur ein leichter Ruck", sagt er. "Meine Eltern haben mich geweckt. Aber wir beschlossen, das Haus nicht zu verlassen."

Augenblicke später wurden die Erschütterungen so stark, dass die Heizung in seinem Zimmer unkontrolliert zu zittern begann. Bevor er sich bewegen konnte, fielen Ziegel vom Dach auf ihn. Akram wurde bewusstlos unter den Trümmern eingeklemmt.

"Das Nächste, woran ich mich erinnere, ist, dass mein Vater mich herausgezogen und aufgeweckt hat, indem er mich mit Wasser bespritzt hat", erzählt er weiter. "Die Wände sind auf uns eingestürzt."

Als das erste Beben nachließ, versuchte seine Mutter, sich aus dem zweiten Stock in Sicherheit zu bringen. "Aber bevor sie es schaffte, wurde sie ohnmächtig", sagt Akram. "Ich dachte, das war's. Das schaffen wir nicht."

“Das Nächste, woran ich mich erinnere, ist, dass mein Vater mich herausgezogen und aufgeweckt hat, indem er mich mit Wasser bespritzt hat."
Akram

Nichts ist wie es war

Doch in den folgenden Sekunden und Minuten gelang es ihm und seiner Familie wie durch ein Wunder, zu entkommen. Akram: "Mein Vater war verletzt; sein Bein war gebrochen und meine Mutter hatte viele Verletzungen in den Schultern und Rippen. Aber gemeinsam konnten wir sie unter den Trümmern hervorholen und sie nach unten tragen..."

Eine ganz neue Bedeutung von Teamwork.

Am nächsten Tag machte sich die Familie auf den Weg durch die karge Landschaft zu Akrams Großvater. Sein Zuhause ist ein eiskaltes Zelt in einem Lager für Geflüchtete. Dort finden die letzten Evakuierten des Konflikts Unterschlupf, der seit zwölf Jahren andauert und kämpfen um ihr Leben.

Jetzt sind Akram und seine Eltern ein eindringliches Symbol für die Hilfsbemühungen in der Region, die immer weniger werden. Während Hilfsgüter und Gelder in die Türkei fließen, bleibt der Nordwesten Syriens nahezu verlassen. Nur eine Handvoll NGOs sind in der Region aktiv - War Child ist eine von ihnen...

People trying to search for survivors under the rubbles caused by the earthquake in Syria

Das Erbeben, das sich am 6. Februar ereignete, hatte verheerende Auswirkungen auf Nordwest-Syrien und die Türkei.

Foto: War Child

Rubbles caused by the earthquake in Syria

Mittlerweile sind mehr als 41.000 Menschen ums Leben gekommen (Stand: 15.02). Städte wurden ausgelöscht, viele Menschen sind obdachlos, es ist kalt.

Foto: War Child

Psychologische Erste Hilfe

War Child hat keine physische Präsenz vor Ort - unsere Maßnahmen werden durch eine enge Zusammenarbeit mit lokalen Partnerorganisationen ermöglicht. Seit dem 6. Februar haben wir unermüdlich mit diesen Partnern zusammengearbeitet, um die Hilfsmaßnahmen einzuleiten. Unser Ziel ist es, Familien wie die von Akram mit lebensnotwendigen Gütern wie Nahrungsmitteln und Unterkünften zu versorgen - aber auch mit lebenswichtigem Schutz und psychologischer Unterstützung.

"In Notsituationen wie diesen bieten wir eine spezielle Art der Unterstützung an, die wir 'psychologische Erste Hilfe' nennen", sagt Kieran King, Leiter des aktuellen Notfallprogramms bei War Child. "Genau wie bei der normalen Ersten Hilfe geht es bei dieser Unterstützung nicht darum, vollständig zu genesen oder einen Krankenhausaufenthalt zu ersetzen, aber sie bietet einen bewährten Rahmen, um direkt auf eine Person reagieren zu können, die dringend psychologische Unterstützung braucht."

“"Psychologische Erste Hilfe ersetzte keinen Krankenhausaufenthalt, aber sie bietet einen bewährten Rahmen, um direkt auf eine Person reagieren zu können, die dringend psychologische Unterstützung braucht.""
Kieran King, Leiter der humanitären Programmarbeit

Er fährt fort: "Wir sagen nicht, dass das Vorrang vor medizinischer Hilfe, Nahrung oder einem Dach über dem Kopf eines Kindes hat, aber wir erkennen die Notwendigkeit an, psychologische Unterstützung in das grundlegende Notfallpaket aufzunehmen."

"Denn wenn ein Kind verängstigt oder von Ängsten geplagt ist, wenn ein Kind Flashbacks oder wiederkehrende Albträume hat, fühlt es sich in dem Moment hungrig? Ist es überhaupt in der Lage zu schlafen?"

Akaram is a Syrian child who survived the earthquake

Children's book appear on the rubbles caused be the earthquake in Syria

Ein langes Nachbeben

Zurück zu Akram... Das Beängstigende ist, dass diese Art von Erfahrungen - von Schmerz, Angst und menschlicher Katastrophe - nichts Neues für ihn sind.

Erst vor ein paar Jahren war er mitten im Unterricht, als Bomben auf seine Schule niedergingen. "Ich erinnere mich, dass ich die Flugzeuge gesehen habe", sagt er. "Ich erinnere mich, dass ich Angst hatte."

Seine ältere Schwester unterrichtete an einer anderen Schule, die nur wenige Blocks von seiner Schule entfernt war. Sie wurde bei dem Angriff getötet.

Obwohl es schwer vorstellbar ist, dass seine Situation noch viel schlimmer werden könnte, denkt Akram darüber nach, dass es eben doch so ist. "Das war ein schlimmer Moment, der mir Angst gemacht hat, und das waren schwierige Tage", sagt er. "Aber was bei dem Erdbeben passiert ist und alles seitdem, ist viel schwieriger"

In diesem Moment wirkt Akram viel älter als zwölf Jahre.

Akram: "Ich wünschte, meine Schwester würde wieder lebendig werden, aber das ist unmöglich. So Gott will, werde ich sie im Himmel treffen."

Viele Kinder wie Akram im Nordwesten Syriens brauchen ihre Unterstützung. Spenden Sie noch heute für unser Nothilfeprogramm.